Liegt ein eindeutiger Missbrauch eines Domain-Namens vor, hat die DENIC diesen zu löschen: Die für die Registrierung von Domainnamen unter der Top-Level-Domain „.de“ zuständige DENIC haftet dann als Störerin, wenn sie von Dritten auf eine offenkundige, von ihrem Sachbearbeiter unschwer zu erkennende Verletzung des Namensrechts hingewiesen wird1. Eine solche offenkundige Namensrechtsverletzung liegt vor, wenn es sich bei dem als verletzt geltend gemachten Namen um die offizielle Bezeichnung der für die Verwaltung eines Regierungsbezirks zuständigen Behörde handelt und der beanstandete Domainnamen von einem in Panama ansässigen Unternehmen registriert worden ist.

So hat der Bundesgerichtshof in dem hier vorliegenden Fall des Freistaates Bayern entschieden. Die Beklagte ist die DENIC eG, Deutsches Network Information Center, eine Genossenschaft, die die Domainnamen mit dem Top-Level-Domain “.de” vergibt. Der Freistaat Bayern hatte festgestellt, dass unter dieser Top-Level-Domain zugunsten mehrerer Unternehmen mit Sitz in Panama sechs Domainnamen registriert wurden, die aus dem Wort “regierung” und dem Namen jeweils einer seiner Regierungsbezirke gebildet wurden (z.B. “regierung-oberfranken.de”). Der Freistaat Bayern, der für seine sieben Regierungsbezirke ähnliche Domainnamen hat registrieren lassen (z.B. “regierung.oberfranken.bayern.de”), verlangt von der DENIC eG, die Registrierung dieser Domainnamen aufzuheben. Landgericht2 und Oberlandesgericht Frankfurt a.M.3 haben der Klage stattgegeben.

Nachdem die umstrittenen Domainnamen inzwischen gelöscht wurden und diese Domainnamen für den Freistaat Bayern registriert sind, hat der Freistaat Bayern den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Da sich die DENIC eG der Erledigungserklärung nicht angeschlossen hatte, musste darüber entschieden werden, ob die Klage ursprünglich begründet war. Diese Frage hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil bejaht und der DENIC eG die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Zwar treffen die DENIC, die die Aufgaben der Registrierung der Domainnamen ohne Gewinnerzielungsabsicht erfüllt, nach der Entscheidung “ambiente.de” des Bundesgerichtshofs4 nur eingeschränkte Prüfungspflichten. Bei der Registrierung selbst, die in einem automatisierten Verfahren allein nach Prioritätsgesichtspunkten erfolgt, muss keinerlei Prüfung erfolgen. Aber auch dann, wenn die DENIC auf eine mögliche Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, ist sie nur dann gehalten, die Registrierung des beanstandeten Domainnamens zu löschen, wenn die Rechtsverletzung offenkundig und für sie ohne weiteres feststellbar ist.

Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Bei den Namen, auf deren Verletzung der Freistaat Bayern die DENIC hingewiesen hat, handelt es sich um offizielle Bezeichnungen der Regierungen bayerischer Regierungsbezirke. Aufgrund eines solchen Hinweises kann auch ein Sachbearbeiter der DENIC, der über keine namensrechtlichen Kenntnisse verfügt, ohne weiteres erkennen, dass diese als Domainnamen registrierten Bezeichnungen allein einer staatlichen Stelle und nicht einem in Panama ansässigen privaten Unternehmen zustehen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 131/10 – regierung-oberfranken.de

  1. Fortführung von BGHZ 148, 13 – ambiente.de []
  2. LG Frankfurt a.M. – Urteil vom 16.11.2009 – 21 O 139/09 []
  3. OLG Frankfurt a.M. – Urteil vom 17.06.2010 – 16 U 239/09 []
  4. BGH, Urteil vom 17.05.2001 – I ZR 251/99, BGHZ 148, 13 []